Wer wirklich alles wissen möchte ...
Wer wirklich alles wissen möchte über die deutsch-russischen Gasbeziehungen, dem kann ich den PDF-Artikel von Andreas Metz vom Ostausschuss empfehlen: https://www.ost-ausschuss.de/sites/default/files/pm_pdf/Special%2050%20Jahre%20R%C3%B6hren%20gegen%20Gas.pdf
Da steht wirklich alles zu dem Thema. Wer glaubt, Deutschland hätte erst mit Schröder begonnen Gas aus Russland zu kaufen, der irrt. Das Thema geht zurück bis in die 50er des letzten Jahrhunderts. Und schon damals gab es ein Embargo der USA gegen deutsche Firmen, damit sie nicht weiter Pipelines bauen: https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6hren-Embargo Vieles in dem Artikel liesst sich wie ein Dejavu zur heutigen Situation. Ein interessantes Argument von damals von deutscher/europäischer Seite war: Man will die Sowjetunion dazu bringen Geld in Nicht-Militärische Projekte zu stecken. Die Amerikaner dagegen waren besorgt, dass die Sowjetunion mit den Projekten Devisen verdient, mit denen sie im Ausland Technologie für ihr Militär einkaufen können.
Der Artikel tendiert eher dazu, dass die Pipelinegeschäfte eher dem Westen als dem Osten geholfen haben, weil die Sowjetunion zur Bezahlung der Kredite, die zum Bau der Pipeline brauchte lieber Gas in den Westen als z.B. in die DDR lieferte, was die DDR in Probleme brachte.
Aber die Situation hat sich ziemlich geändert. Die Argumente von damals passen eigentlich kaum zur aktuellen Situation. Russland hat die Kredite zum Pipelinebau längst abbezahlt. Durch den Bau von Pipelines wird Putins Russland mitnichten davon abgehalten anderweitigen Unsinn zu tun.
Aber was man bei diesem Streit auch oft vergisst: Außer Gas werden noch erheblich viele andere Geschäfte mit Russland betrieben. Würden die USA z.B. nicht jährlich Waren für 28 Milliarden nach Russland verkaufen, dann wäre ihr Wunsch nach einem Gasembargo irgendwie glaubwürdiger. Deutschland sollte also wenn es Nord-Stream 2 doch nicht nutzt im Gegenzug von den Amerikanern fordern, dass diese ebenfalls ihren Handel mit Russland weiter einschränken.
50 Jahre Röhren gegen Erdgas | Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft
Am 6. Juli 1970, also fast genau vor 50 Jahren, wurde in Mülheim an der Ruhr das erste Pipeline-Rohr aus deutscher Produktion für das erste deutsch-sowjetische Erdgas-Röhrengeschäft ausgeliefert. Aus Anlass dieses Jubiläums haben wir die Geschichte der Erdgas-Röhrengeschäfte in einem 15-seitigen Sonderbeitrag nachgezeichnet, der im neuen Jahrbuch 2020 des OAOEV enthalten ist. Der Beitrag zeigt, dass die derzeitigen US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 nur ein neues Kapitel in einer langen deutsch-amerikanischen Sanktions-Geschichte sind. Anfang der 1980er Jahre drohten US-Sanktionen beispielsweise das Jamal-Projekt, eine bis heute genutzte Verbindungspipeline durch Belarus und Polen, zu verhindern. Viele Argumente, die bereits in den 1950er bis 1980er Jahren in der Diskussion waren, sind weiterhin aktuell.